26. Nov 2021
„Keine historisierende Kopie, aber Rücksicht auf das Stadtbild“. Modern, doch perfekt eingebettet in die vorhandene altstädtische Bebauung: Das Gebäudeensemble Vier Giebel wird architektonisch ein Hingucker, ohne das Vorhandene zu stören. Warum das so ist, beschreibt Architekt Jo. Franzke im Interview.
Der Architekt Jo. Franzke und sein Büro JO. FRANZKE GENERALPLANER GmbH, Frankfurt, zeichnen verantwortlich für die Entwürfe und die Planung des Projekts Vier Giebel. Im Interview beschreibt er seine Herangehensweise – und warum das Gebäudeensemble genau so aussehen muss, wie es aussehen wird, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind.
Welche Gedanken hatten Sie, als Sie den Standort Eberhardstraße 18-22 zum ersten Mal sahen?
Ich habe mir intensiv das Umfeld des bestehenden Ensembles angeschaut und seine Historie studiert. Man findet hier intakte Häuserzeilen vom Beginn des 20. Jahrhunderts – sie haben den Krieg und die Nachkriegszeit weitgehend unbeschadet überstanden. In unmittelbarer Nachbarschaft steht der Tagblatt-Turm, ein beeindruckendes Beispiel für das Neue Bauen. Ich bin daher sensibel vorgegangen und wollte ein Gebäude konzipieren, das sich zurückhaltend in dieses Umfeld hochwertiger Architektur integriert.
Das heißt konkret …
Mit Vier Giebel wollte ich an die ursprüngliche Idee der Altstadtbebauung anknüpfen, bei der Wohn- und Geschäftshäuser unterschiedlicher Ausprägung zu einem harmonischen Ensemble zusammengeführt wurden. Bei der Architektur des neuen Gebäudes habe ich mich bei der Kubatur und Gliederungen, bei der Neigung der Dächer und der Ausbildung der Fassaden an den Nachbargebäuden orientiert. Ich habe das Altstadthaus neu interpretiert und in eine Architektur unserer Zeit übersetzt, in der die bestehende Bebauung zitiert wird. Es sollten keine historisierenden Kopien entstehen, aber ich wollte auf das vorhandene Stadtbild Rücksicht nehmen.
Also eingliedern statt hervorstechen?
Das Gebäudeensemble passt sich harmonisch in die gebaute Nachbarschaft ein. Ich sehe hier keinen Grund, einen egoistischen Solitär zu bauen.
Welche Herausforderungen bringt es mit sich, wenn Sie für einen so prominenten Standort ein Gebäude planen?
Als Architekt habe ich Verantwortung gegenüber der Stadt und der Zukunft. Mein Anspruch ist es, Architektur zu entwerfen, die man auch in 100 Jahren noch anschauen mag und die funktioniert, ohne dass nachgebessert werden muss. Ein Gebäude soll modern sein, aber nicht aus der Mode kommen. Zu berücksichtigen gilt aber auch: Es gibt keine Zukunft ohne Vergangenheit. Ich bin der Meinung, dass Kontinuität angenehmer ist als ein großer Bruch. Von diesem Gedanken leitet sich die Zurückhaltung in der Architektur von Vier Giebel und das Einfügen des Neuen in die bestehende Altstadtbebauung ab.
Das Vier Giebel vereint Arbeiten, Leben und Wohnen in einem Neubau. Ist das die Zukunft der Stadtarchitektur?
Davon bin ich fest überzeugt. Monokulturen, wie wir sie z. B. von großen Einkaufszentren her kennen, haben sich überlebt. Die Zukunft gehört den durchmischten Quartieren, in denen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Kultur stattfinden, in denen die wichtigsten Stationen des täglichen Lebens fußläufig erreichbar sind.
Was gefällt Ihnen persönlich an Vier Giebel besonders?
Seine herausragende Lage. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die beliebten Cafés und Bars rund um den Hans-im-Glück-Brunnen, das exquisite Kaufhaus Breuninger, Theater und Einkaufsmöglichkeiten für alles, was man täglich braucht. Architektonisch begeistern mich die an Vier Giebel anschließenden Wohn- und Geschäftshäuser mit der Homogenität ihrer Fassaden: Sehr unterschiedlich gestaltete Fassaden, aber keine übertrumpft die anderen. Dies wirkt sich natürlich sehr positiv auf die Stadtästhetik aus. Ich bin sicher, dass das neue Gebäude mit seinem charakteristischen Erscheinungsbild zu einer lebenswerten Gestaltung des gesamten Quartiers beitragen wird.